Der Reitsport ist für den, der gegen sich selbst ehrlich ist, mit einem ständigen Wechsel von Hoch- und Tiefpunkten verbunden. Nach der einen Stunde hat man das Gefühl: „Heute hat es großartig geklappt“, aber vielleichtschon am nächsten Tag führt man niedergeschlagen sein Pferdaus der Bahn und denkt: „Ich lerne es nie!“
Oft weiß man nicht einmal genau, ob es an einem selbst oder am Pferd lag, wenn es gut oder schlecht gegangen ist. Vor allem bei einem Mißerfolg sollte man jedoch die Schuld zuerst bei sich selbst suchen! In einer besonders schwarzen Stunde beneidet man vielleicht Leichtathleten, Schwimmer oder Tennisspieler, die Versagen und Erfolg wenigstens ganz ihren eigenen Kräften zuschreiben können, während beim Reiten immer die unbekannte Größe „Pferd“ mit im Spiele ist. Jeder Reiter wird sich also nach einiger Zeit fragen: Was kann ich denn nun wirklich, und wie kann ich einmal objektiv prüfen, was ich gelernt habe? Vielleicht fragen auch die Eltern eines Jugendlichen: „Wie steht’s denn? Was kommt denn raus für das viele Geld?“ Oder ein Freund, der nichts vom Reiten versteht, erkundigt sich: „Du reitest doch schon zwei Jahre. Wann kannst du es denn nun endlich?“ Wenn man auch dem ahnungslosen Freund sogleich antwortet, daß man beim Reiten nie auslerne, würde man doch gerne mit Stolz sagen, daß man das Bronzene oder das Kleine Reiterabzeichen habe.
Gerade ein Jugendlicher, der im Sport weiterkommen will und ein Jahr lang wöchentlich seine zwei Reitstunden genommen hat, möchte eine Bestätigung für das haben, was er erreicht hat. Aber auch der Erwachsene braucht oft ein Ziel, einen Wegstein, der seinen Ehrgeiz anspornt und seiner Freude am Reitsport neuen Auftrieb gibt. Sogar wer ein eigenes Pferd besitzt, aber weder auf Turniere gehen will noch andere große Ambitionen hat, sondern nur für sich und aus Freude an der Sache in der Bahn und im Gelände reitet, möchte eines Tages wissen: „Was kann ich eigentlich?“ Für diejenigen, die sich in erster Linie für das Reiten im Gelände interessieren, gibt es seit dem 1. Januar 1976 eine eigens auf sie zugeschnittene Prüfung, den Reiter-Paß (vgl. Hölzel, „Der Reiter-Paß in Frage und Antwort“, Stuttgart 1989).
Einen praktischen Zweck erfüllt das Reiterabzeichen, wenn man in eine fremde Reitschule kommt: Der Reitlehrer kann sich sogleich ein Bild von den Fähigkeiten seines neuen Schülers machen, wenn dieser ihm sagt: „Ich habe das Reiterabzeichen in Bronze oder Silber.“
Wer als Reiter weiterkommen will, der möchte sein Können irgendwann einmal von einem unparteiischen Richterauge beurteilen lassen. Wenn er sich endlich das ehrlich erworbene Abzeichen an seine Reitjacke heften kann, darf er mit Recht stolz sein auf seine Leistung und in diesem Erfolg – den man in jedem Sport braucht, um nicht die Lust und den Mut zu verlieren – einen Ansporn und Auftrieb finden. Begrüßenswert sind die neuen vielfältigen Möglichkeiten, ein Abzeichen zu erwerben, das Können und Wissen im Reitsport und im Umgang mit dem Pferd unter Beweis stellt. Kinder und Jugendliche können eine Prüfung für das Kleine Hufeisen ablegen, das mit dem Kleinen Seepferdchen im Schwimmsport vergleichbar ist. Für den erwachsenen Freizeitreiter, der erst später angefangen hat zu reiten, bietet die Reiternadel als eine Art „Grundschein“ die Möglichkeit, sich seine reiterlichen Fähigkeiten im Umgang mit und auf dem Pferd durch eine hübsche Anstecknadel bestätigen zu lassen.
Für das neue Kleine Reiterabzeichen (DRA IV), das in jedem Alter erworben werden kann, gelten in etwa die Anforderungen wie für das frühere Jugendreiterabzeichen in Bronze. Dieses Abzeichen ist jetzt die Voraussetzung für das DRA in Bronze und für die Teilnahme an Wettbewerben der Leistungsklasse 6. Das Bronzene Abzeichen berechtigt zu einem Reiterausweis, der für die Teilnahme an Turnieren von der Kat. B Kl. A an aufwärts erforderlich ist. Auch für eine Reitwartprüfung wird das Bronzene Abzeichen verlangt. Das Silberne Abzeichen (DRA II) wird für die Zulassung zur Prüfung als Amateurreitlehrer oder Richter gefordert.